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Honigprotokolle
Taschenbuch von Monika Rinck
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Im ursprünglichen Wortsinn des Protokolls gibt es einen klebrigen Kern: Ein zusammengeleimtes Buch ist gemeint oder, spezieller: das einer Niederschrift vorgeleimte Blatt, mit einer Chronologie zum Schriftstück und Angaben zum Verfasser. Das steht am Anfang des Buches, wird ihm aber zuletzt eingeklebt. Daher auch die Tendenz zum Hohn - in all seiner Nachträglichkeit.
Es gibt die Klebrigkeit der inneren Fixierung, die auf immer wieder erneutes Durchdenken dringt, und es gibt den unvergesslichen Honig an den Schuhen, in der Tasche, an den Fingern, der an den unachtsamen Moment seines Verschüttens erinnert. Auch dies kann als ein Protokoll gesehen, wenn auch nicht gelesen werden. Oder nehmen wir den Körper als Protokoll unseres Lebens, für den Verlauf der Zeit, dem wir unterliegen. Nehmen wir den Honig als Protokoll des Bienenflugs und als Auskunft über die von ihnen gerade noch erreichbaren Blüten.
Die Honigprotokolle sind beinahe quadratisch und ineinander verfugt wie Kacheln. Sie bilden ein Raster, das ihre Ordnung offenbart. Etwas ist passiert - das Gedicht gibt Auskunft und bittet seinerseits um Deutung. Es behandelt eine längst vergessene Süße. Sinne, Affekte, Materialien oder eine Angst, die gestern noch in die Zukunft ging. Auch davon berichtet das Protokoll. Es wendet sich an Konzepte, die es nicht abstreifen kann: kollektive Erfahrungen, von Einzelnen protokolliert. Die Arbeitsteilung erfolgt via Reizschwellen, die eine Folge der Vielfachpaarung sind. So wird eine hohe Bandbreite von Empfindlichkeiten garantiert.
'... Denn alle rechten Dichter ... sprechen nicht durch Kunst, sondern als Begeisterte und Besessene alle diese schönen Gedichte ... und so wenig die, welche vom tanzenden Wahnsinn befallen sind, mit vernünftigem Bewusstsein tanzen, so dichten auch die Liederdichter nicht bei vernünftigem Bewusstsein diese schönen Lieder, sondern wenn sie von Harmonie und Rhythmus erfüllt sind ... Es sagen uns nämlich die Dichter, dass sie aus honigströmenden Quellen aus gewissen Gärten und Hainen der Musen pflückend diese Gesänge uns bringen, wie die Bienen, auch selbst so umherfliegend. Und wahr reden sie.' (Platon: ION)
Doch es ist wie beim Bienentanz: Am Ende wird nur noch für die beste Höhle getanzt.
Im ursprünglichen Wortsinn des Protokolls gibt es einen klebrigen Kern: Ein zusammengeleimtes Buch ist gemeint oder, spezieller: das einer Niederschrift vorgeleimte Blatt, mit einer Chronologie zum Schriftstück und Angaben zum Verfasser. Das steht am Anfang des Buches, wird ihm aber zuletzt eingeklebt. Daher auch die Tendenz zum Hohn - in all seiner Nachträglichkeit.
Es gibt die Klebrigkeit der inneren Fixierung, die auf immer wieder erneutes Durchdenken dringt, und es gibt den unvergesslichen Honig an den Schuhen, in der Tasche, an den Fingern, der an den unachtsamen Moment seines Verschüttens erinnert. Auch dies kann als ein Protokoll gesehen, wenn auch nicht gelesen werden. Oder nehmen wir den Körper als Protokoll unseres Lebens, für den Verlauf der Zeit, dem wir unterliegen. Nehmen wir den Honig als Protokoll des Bienenflugs und als Auskunft über die von ihnen gerade noch erreichbaren Blüten.
Die Honigprotokolle sind beinahe quadratisch und ineinander verfugt wie Kacheln. Sie bilden ein Raster, das ihre Ordnung offenbart. Etwas ist passiert - das Gedicht gibt Auskunft und bittet seinerseits um Deutung. Es behandelt eine längst vergessene Süße. Sinne, Affekte, Materialien oder eine Angst, die gestern noch in die Zukunft ging. Auch davon berichtet das Protokoll. Es wendet sich an Konzepte, die es nicht abstreifen kann: kollektive Erfahrungen, von Einzelnen protokolliert. Die Arbeitsteilung erfolgt via Reizschwellen, die eine Folge der Vielfachpaarung sind. So wird eine hohe Bandbreite von Empfindlichkeiten garantiert.
'... Denn alle rechten Dichter ... sprechen nicht durch Kunst, sondern als Begeisterte und Besessene alle diese schönen Gedichte ... und so wenig die, welche vom tanzenden Wahnsinn befallen sind, mit vernünftigem Bewusstsein tanzen, so dichten auch die Liederdichter nicht bei vernünftigem Bewusstsein diese schönen Lieder, sondern wenn sie von Harmonie und Rhythmus erfüllt sind ... Es sagen uns nämlich die Dichter, dass sie aus honigströmenden Quellen aus gewissen Gärten und Hainen der Musen pflückend diese Gesänge uns bringen, wie die Bienen, auch selbst so umherfliegend. Und wahr reden sie.' (Platon: ION)
Doch es ist wie beim Bienentanz: Am Ende wird nur noch für die beste Höhle getanzt.
Über den Autor
Monika Rinck, geboren 1969 in Zweibrücken, Studium der Religionswissenschaft, Geschichte und Vergleichenden Literaturwissenschaft, lebt als Autorin in Berlin. Sie veröffentlichte unter anderem das 'Begriffsstudio 1996¿2001', Edition Sutstein 2001 (fortgeführt unter [...] 'Ah, das Love-Ding! Ein Essay', kookbooks 2006, 'zum fernbleiben der umarmung. Gedichte', kookbooks 2007, 'Helle Verwirrung / Rincks Ding- und Tierleben. Texte und Zeichnungen', kookbooks 2009, 'RIDING und PARA-RIDING' (gemeinsam mit Christian Filips), roughbooks 2011, und 'HELM AUS PHLOX. Eine kollektive
Poetologie' (gemeinsam mit Ann Cotten, Daniel Falb, Hendrik Jackson und Steffen Popp), Merve 2011. Für ihre literarischen Arbeiten wurde Monika Rinck zuletzt mit dem Ernst-Meister-Preis 2008, dem Georg-K.-Glaser-Preis 2010 und dem Kunstpreis Berlin, Literatur 2012 ausgezeichnet.
Details
Erscheinungsjahr: 2012
Genre: Belletristik, Lyrik & Dramatik
Rubrik: Belletristik
Medium: Taschenbuch
Reihe: Reihe Lyrik
Inhalt: 80 S.
ISBN-13: 9783937445496
ISBN-10: 3937445498
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Rinck, Monika
Redaktion: Seel, Daniela
Herausgeber: Daniela Seel
Illustrator: Töpfer, Andreas
Hersteller: Kookbooks
Seel, Daniela
Verantwortliche Person für die EU: Seel, Daniela, Schlieperstr. 59, D-13507 Berlin, daniela.seel@kookbooks.de
Maße: 227 x 136 x 15 mm
Von/Mit: Monika Rinck
Erscheinungsdatum: 03.04.2012
Gewicht: 0,135 kg
Artikel-ID: 106636559
Über den Autor
Monika Rinck, geboren 1969 in Zweibrücken, Studium der Religionswissenschaft, Geschichte und Vergleichenden Literaturwissenschaft, lebt als Autorin in Berlin. Sie veröffentlichte unter anderem das 'Begriffsstudio 1996¿2001', Edition Sutstein 2001 (fortgeführt unter [...] 'Ah, das Love-Ding! Ein Essay', kookbooks 2006, 'zum fernbleiben der umarmung. Gedichte', kookbooks 2007, 'Helle Verwirrung / Rincks Ding- und Tierleben. Texte und Zeichnungen', kookbooks 2009, 'RIDING und PARA-RIDING' (gemeinsam mit Christian Filips), roughbooks 2011, und 'HELM AUS PHLOX. Eine kollektive
Poetologie' (gemeinsam mit Ann Cotten, Daniel Falb, Hendrik Jackson und Steffen Popp), Merve 2011. Für ihre literarischen Arbeiten wurde Monika Rinck zuletzt mit dem Ernst-Meister-Preis 2008, dem Georg-K.-Glaser-Preis 2010 und dem Kunstpreis Berlin, Literatur 2012 ausgezeichnet.
Details
Erscheinungsjahr: 2012
Genre: Belletristik, Lyrik & Dramatik
Rubrik: Belletristik
Medium: Taschenbuch
Reihe: Reihe Lyrik
Inhalt: 80 S.
ISBN-13: 9783937445496
ISBN-10: 3937445498
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Rinck, Monika
Redaktion: Seel, Daniela
Herausgeber: Daniela Seel
Illustrator: Töpfer, Andreas
Hersteller: Kookbooks
Seel, Daniela
Verantwortliche Person für die EU: Seel, Daniela, Schlieperstr. 59, D-13507 Berlin, daniela.seel@kookbooks.de
Maße: 227 x 136 x 15 mm
Von/Mit: Monika Rinck
Erscheinungsdatum: 03.04.2012
Gewicht: 0,135 kg
Artikel-ID: 106636559
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